Armstrong Siddeley

Armstrong Siddeley Motors
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1919
Auflösung 1960
Sitz Coventry, Vereinigtes Königreich
Branche Fahrzeugbau, Motorenbau
Sapphire 346, Baujahr 1956

Armstrong Siddeley Motors war ein britischer Hersteller von Personenkraftwagen, Flugmotoren und mechanischen Ausrüstungsteilen mit Sitz in Coventry.

Geschichte

Das Unternehmen ging 1919 aus dem Zusammenschluss des Automobilherstellers Siddeley Deasy Motor Car Corp. mit der Fahrzeug- und Motorensparte des Industriekonzerns Armstrong Whitworth & Co. hervor. 1935 wurde es mit Hawker Aircraft vereinigt. Beide Unternehmen bildeten daraufhin die Hawker-Siddeley-Gruppe. Neben Automobilen und Flugmotoren entstanden dort Getriebe für Panzer und Busse, Raketen- und Torpedo-Motoren sowie Eisenbahnwaggons, ferner Motoren und Traktoren. Mit dem Tochterunternehmen Burlington hatte Armstrong Siddeley einen eigenen Karosseriehersteller, der von Beginn an standardisierte Werkskarosserien anbot.

Armstrong Siddeley blieb als Marke bis zum Jahr 1959 erhalten. Der Zusammenschluss mit Bristol Aero Engines Ltd. führte 1959 zur Gründung des Motorenherstellers Bristol Siddeley. 1966 wurde Bristol Siddeley Teil der Rolls-Royce Group. Die Namensrechte aus der Automobilproduktion einschließlich Unterlagen und verbleibender Ersatzteile wurde an die neu gegründete Armstrong Siddeley Owners Club Ltd verkauft.

Produkte

Automobile

Das erste Automobil von Armstrong Siddeley war ein ziemlich großes Modell, ein 5-Liter-30-hp. Ein kleinerer 18 hp wurde 1922 vorgestellt und der 14 hp mit 2 Litern Hubraum 1923. 1928 bot man mit dem 15 hp den ersten Sechszylinder an und 1929 kam ein 12 hp. Im selben Jahr wurde erstmals ein Wilson-Vorwählgetriebe als Sonderausstattung angeboten. Ab 1933 gehörte es bei allen Wagen des Herstellers zur Serienausstattung. 1930 bot Armstrong Siddeley vier Modelle an, den 12 hp, den 15 hp, den 20 hp und den 30 hp, wobei letzterer 1450 Pfund kostete.

In den 1930er Jahren bot man eine Reihe von Sechszylindermodellen mit obengesteuerten Motoren an, aber bis 1936 blieb auch das Vierzylindermodell 12 hp im Programm. 1933 kündigte man den Special mit 5 Liter großem Sechszylinder-Aluminiummotor zum Preis von 950 Pfund an. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges führte man die Fahrzeugproduktion noch 1940 in geringerem Umfang fort und auch 1941 entstanden noch einige Wagen.

In der Woche nach Kriegsende in Europa stellte Armstrong Siddeley die ersten Nachkriegsmodelle vor: die viertürige Limousine Lancaster und das Cabriolet Hurricane. Die Namen waren aus der Produktion von Kriegsflugzeugen der Hawker Siddeley Group (seit 1935) entlehnt. Beide Modelle hatten einen 2,0-Liter-Sechszylindermotor, der 1949 auf 2,3 Liter aufgebohrt wurde. Ab 1953 gab es den Sapphire 346 mit einem Sechszylindermotor mit 3,4 Litern Hubraum.

1956 wurde die Modellpalette durch den Sapphire 234 (2,3 Liter Vierzylinder) und den Sapphire 236 (2,3 Liter Sechszylinder) erweitert. Das Modell 346 bekam eine Kühlerfigur in Form einer Sphinx als Hinweis auf die gleichnamigen Flugmotoren. Die kleineren Sapphire-Modelle läuteten dann auch das Ende der Automarke ein: Jaguar hatte 1955 eine 2,4-Liter-Limousine mit selbsttragender Karosserie herausgebracht, die schneller, deutlich billiger und eleganter als der altmodische Armstrong Siddeley war.

Das letzte Armstrong-Siddeley-Modell war 1958 der Star Sapphire mit 4-Liter-Motor und BorgWarner Automatikgetriebe. 1960 verließ das letzte Auto dieser Marke die Fertigungshallen in Coventry.

Modelle

Typ Bauzeitraum Zylinder / Ventilsteuerung Hubraum Leistung Bild
30 hp 1919–1931 6 / ohv 4960 cm³
18 hp 1921–1925 6 / ohv 2318 cm³
4/14 hp 1923–1925 4 / ohv 1852 cm³
4/14 hp Mark II 1925–1929 4 / ohv 1852 cm³
18 hp Mark II 1925–1926 6 / ohv 2872 cm³
20 hp 1926–1932 6 / sv 2872 cm³
15 hp 1927–1929 6 / sv 1900 cm³
15 hp Mark II 1928–1934 6 / sv 1928 cm³
12 hp 1929–1931 6 / sv 1236 cm³
12 hp Mark II 1931–1936 6 / sv 1434 cm³
New 20 hp 1932–1936 6 / ohv 3190 cm³
Special 1933–1937 6 / ohv 4960 cm³ 124 bhp (91 kW)
17 hp 1935–1939 6 / ohv 2394 cm³ 60 bhp (44 kW)
12 hp Mark III 1936–1937 6 / ohv 1666 cm³ 48 bhp (35 kW)
20/25 hp 1936–1939 6 / ohv 3670 cm³ 85 bhp (62,5 kW)
14 hp 1937–1939 6 / ohv 1666 cm³ 48 bhp (35 kW)
16-Six 1938–1941 6 / ohv 1990 cm³ 62 bhp (46 kW)
20 hp Mark II 1939–1940 6 / ohv 2783 cm³
Lancaster / Hurricane / Typhoon /
Tempest 16 hp
1945–1949 6 / ohv 1991 cm³ 70 bhp (51 kW)
Lancaster / Hurricane / Typhoon /
Tempest / Whitley 18 hp
1949–1954 6 / ohv 2309 cm³ 75 bhp (55 kW)
Lancaster / Whitley 18 hp 1950–1952 6 / ohv 2309 cm³ 75 bhp (55 kW)
Sapphire 346 1953–1960 6 / ohv 3435 cm³ 120–150 bhp (88–110 kW)
Sapphire 234 1953–1958 4 / ohv 2290 cm³ 120 bhp (88 kW)
Sapphire 236 1955–1957 6 / ohv 2309 cm³ 85 bhp (62,5 kW)
Star Sapphire 1958–1960 6 / ohv 3990 cm³ 120–140 bhp (88–103 kW)

[1]

Clubs

Wie für viele britische Automarken gibt es auch für Armstrong Siddeley etliche aktive Clubs, die Eigner in verschiedenen Ländern bei der Erhaltung und Nutzung der Fahrzeuge unterstützen, so in Großbritannien, Australien, Neuseeland, Niederlande und Deutschland. Die Armstrong Siddeley Owners Club Ltd (ASOC) hat Mitglieder weltweit. In Großbritannien bringt der ASOC die monatlich erscheinende Mitgliederzeitschrift Sphinx heraus, in Australien heißt die entsprechende Zeitschrift Southern Sphinx und erscheint alle zwei Monate. In den Niederlanden gibt es ebenfalls sechsmal im Jahr eine Zeitschrift in Landessprache und die Sphinx-NZ in Neuseeland erscheint monatlich.

Flugmotoren

In den 1920er und 1930er Jahren baute Armstrong Siddeley eine Reihe kleiner und mittlerer Sternmotoren für Flugzeuge, die alle nach Großkatzen benannt wurden. Es wurde auch ein kleiner Zweizylindermotor namens Ounce gebaut; Ounce ist ein anderer Name für den Schneeleopard; der Motor war für ein Ultraleichtflugzeug gedacht.

1939 begann der Hersteller mit den Arbeiten an seiner ersten Gasturbine. Der Flugmotor hieß ASX (Armstrong Siddeley Experimental) und war als reine Strahlturbine ausgelegt. Später passte man ihn so an, dass er auch einen Propeller antreiben konnte, wodurch die erste Turboprop ASP entstand. Ab diesem Zeitpunkt benannte man die Armstrong-Siddeley-Turbinen nach Schlangen. Mamba und Double Mamba waren Turboprop-Maschinen, letztere war eine Kombination von zwei nebeneinander liegenden Mambas, die ein gemeinsames Getriebe besaßen und die Fairey Gannet antrieben. Die Turboprop-Maschine Python wurde in die Westland Wyvern eingebaut. Die Mamba wurde unter Einsparung des Getriebes zur Adder weiterentwickelt.

Eine weitere Pioniertat in der Entwicklung von Flugmotoren war Metropolitan Vickers (Metrovick), dessen erster Entwurf Metrovick F.2 im Prototypenstadium stecken blieb. Daraus wurde der größere Beryl-Motor und später der noch größere Sapphire-Motor. Armstrong Siddeley übernahm später die Konstruktion des Sapphire und entwickelte sie zu einem der erfolgreichsten Strahlturbinen der zweiten Generation.

Die Firma entwickelte auch einen Motor – ursprünglich für unbemannte GAF Jindivik-Drohnen – namens Viper. Dieser Motor wurde später von Bristol Siddeley und Rolls-Royce weiterentwickelt und viele Jahre in großen Stückzahlen produziert. Es wurden auch eine Reihe von Raketenantrieben hergestellt, z. B. der Snarler und der Stentor. Die Raketenentwicklung ergänzte sich mit der von Bristol und so wurde Bristol Siddeley zum führenden britischen Hersteller von Raketenantrieben für Lenkwaffen.

Modelle

Typ Baujahr Bauart Bild
Boarhound 1935 24-Zylinder-Sternmotor (4 Sterne), nur Prototyp
Cheetah 1935 7-Zylinder-Sternmotor
Civet 1928 7-Zylinder-Sternmotor
Cougar 1945 9-Zylinder-Sternmotor, nur Prototyp
Deerhound 1935 21-Zylinder-Sternmotor (drei Sterne), nur Prototyp
Genet 1926 5-Zylinder-Sternmotor
Genet Major 1928 5-Zylinder-Sternmotor (später: 7 Zylinder)
Hyena 1933 15-Zylinder-Sternmotor (drei Sterne), nur Prototyp
Jaguar 1922 14-Zylinder-Sternmotor (zwei Sterne)
Leopard 1927 14-Zylinder-Sternmotor (zwei Sterne)
Lynx 1920 7-Zylinder-Sternmotor
Mongoose 1926 5-Zylinder-Sternmotor
Ounce 1920 2-Zylinder-Boxermotor
Panther 1929 14-Zylinder-Sternmotor (2 Sterne)
Serval 1928 10-Zylinder-Sternmotor (2 Sterne)
Tiger 1932 14-Zylinder-Sternmotor (2 Sterne)
Double Mamba 1949 2 Mambas mit einem Getriebe verbunden
Mamba 1946 Turboprop
Python 1945 Turboprop
ASX 1943 Strahltriebwerk
Sapphire 1948 Strahltriebwerk
Adder 1948 Strahltriebwerk
Viper 1951 Strahltriebwerk
Snarler Raketenmotor
Stentor Raketenmotor

Dieselmotoren

1946 stellte Armstrong Siddeley seine ersten Dieselmotoren her. Es waren Mittelschnellläufer für den Einsatz in der Industrie und Landwirtschaft. Anfangs gab es einen Einzylindermotor, der 5 bhp (3,7 kW) bei 900/min. abgab, sowie eine Zweizylinderversion. Jeder Zylinder dieses Motors hatte einen Hubraum von 988 cm³. Leistung und Drehzahl der Motoren wurden mit der Zeit erhöht. Ende 1954 leistete der Einzylindermotor schon 11 bhp (8,2 kW) bei 1800/min. und der Zweizylinder 22 bhp (16,4 kW) bei der gleichen Drehzahl. 1955 wurde die Modellpalette durch Einführung eines Dreizylindermotors mit 33 bhp (24,6 kW) erweitert.[2]

Diese Motoren entstanden in der Armstrong-Siddeley-Fabrik in der Walnut Street in Leicester, bis diese Fabrik im August 1957 geschlossen wurde.[3] Die Fertigung wurde in der Fabrik der Armstrong Siddeley (Brockworth) Ltd in Gloucestershire und ab 1958 in der Fabrik der Petters Ltd in Staines-upon-Thames fortgeführt. Die bei Petters gebauten Motoren wurden AS1, AS2 und AS3 benannt, um sie von den anderen Produkten der Firma zu unterscheiden. Die Fertigung endete endgültig 1962, als Petters eine neue Reihe schnelllaufender, luftgekühlter Dieselmotoren einführte.[4]

Im April 1958 erwarb die Firma eine Lizenz zum Bau von schnelllaufenden Dieselmotoren der Maybach-MD-Reihe.[5] Einige Hundert davon wurden bei der Bristol Siddeley Engines Ltd gebaut, nachdem diese Firma 1959 die Aktivitäten von Armstrong Siddeley übernommen hatte.

Weblinks

Commons: Armstrong Siddeley Automobile – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. David Culshaw, Peter Horrobin: Catalogue of British Cars 1895–1975. Veloce Publishing, Dorchester 1997, ISBN 1-874105-93-6, S. 47–50.
  2. Sid Beck: Armstrong Siddeley Air-Cooled Diesel Engines in Stationary Engine, April 1992. Neu veröffentlicht in Rolls-Royce Heritage Trust Sphinx newsletter, No. 49 (2001).
  3. Minutes of Board Meeting. Armstrong Siddeley Motors, 1. Oktober 1957.
  4. Tom Smith: Armstrong Siddeley Air-Cooled Diesl Engines in Rolls-Royce Heritage Trust Sphinx newsletter, No. 54 (2004).
  5. Minutes of Board Meeting. Armstrong Siddeley Motors, 2. April 1958 und 28. April 1958.