Fachgerichtsbarkeit

Der Begriff Fachgerichtsbarkeit (Fachgerichte) bezeichnet in Deutschland bestimmte Teile der staatlichen Gerichtsbarkeit.

Abgrenzung zur Verfassungsgerichtsbarkeit

In dem gebräuchlichsten Sinne bezeichnet Fachgericht jedes Gericht, das nicht Verfassungsgericht ist. Fachgerichtsbarkeiten in diesem Sinne sind die in Art. 95 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vorgesehenen Gerichtszweige: die ordentliche Gerichtsbarkeit, die Arbeitsgerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Finanzgerichtsbarkeit und die Sozialgerichtsbarkeit.

Gegenbegriff ist dann die Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist nach dem kontinentaleuropäischen Trennungsmodell ausschließlich für verfassungsrechtliche Streitigkeiten zuständig und entscheidet mithin nicht letztinstanzlich über nichtverfassungsrechtliche Streitigkeiten.[1] Das deutsche Bundesverfassungsgericht betont daher stets, dass es keine „Superrevisionsinstanz“ sei.[2] Bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungerheblichen Gesetzes haben die Fachgerichte ihr Verfahren auszusetzen und die Verfassungsgerichtsbarkeit anzurufen (Art. 100 GG).

Auch Österreich (Österreichischer Verfassungsgerichtshof), Italien (Corte Costituzionale) und Polen (Trybunał Konstytucyjny) haben eine spezifische Verfassungsgerichtsbarkeit.

Das Schweizer Bundesgericht und der US-Supreme Court üben dagegen als oberste Gerichte der Fachgerichtsbarkeit zugleich Funktionen der Verfassungsgerichtsbarkeit aus (Einheitsmodell).

Abgrenzung untereinander

Gelegentlich wird der Begriff der Fachgerichtsbarkeit auch zur Abgrenzung der Nicht-Verfassungsgerichte untereinander verwendet. Dabei geht es um die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit, insbesondere der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Unterschied zu den sonstigen Fachgerichten (§ 12, § 13 GVG). Diese Abgrenzung kommt auch in einer bestimmten Gerichtsorganisation zum Ausdruck.

Weder zur ordentlichen Gerichtsbarkeit noch zu den sonstigen Fachgerichten zählen die in Art. 96 GG genannten Dienst-, Disziplinar- und Patentgerichte sowie Schiedsgerichte und Berufsgerichte.

Literatur

  • Christian Starck: Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichte, JZ 1996, S. 1033–1042
  • Martin Düwel: Kontrollbefugnisse des Bundesverfassungsgerichts bei Verfassungsbeschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen. Zu einem Kooperationsverhältnis von Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit (= Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit, Band 82), Nomos, Baden-Baden 2000, ISBN 978-3-7890-6466-1
  • Rüdiger Zuck: Bundesverfassungsgericht und Fachgerichtsbarkeit, JZ 2007, S. 1036–1042
  • Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (Hrsg.): Verfassungsrecht und einfaches Recht – Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit. Primär- und Sekundärrechtsschutz im Öffentlichen Recht (= Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 61), De Gruyter, Berlin – Boston 2002, ISBN 978-3-11-089874-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung, etwa Beschluss vom 1. April 2015, 2 BvR 3058/14, Rz. 21
  2. Martin Schulz: Verfassungsgerichtsbarkeit im globalen Kontext (Memento des Originals vom 23. Oktober 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.giga-hamburg.de GIGA-FOCUS Nr. 5, 2010